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Besichtigungsrecht: Fristlose Kündigung bei hartnäckiger Verweigerung

(ho) Wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietvertrags fristlos kündigte ein Vermieter, der trotz insgesamt acht angebotener Besichtigungstermine einfach nicht in die Wohnung seines Mieters kam (§ 543 Abs. 1 BGB).

Der Vermieter hatte das Haus gerade neu erworben. Schon während der Kaufverhandlungen blockierte der Mieter gegenüber dem Veräußerer eine Wohnungsbesichtigung durch den Erwerber. Nach dem Kauf wollte der Erwerber den Wohnungszustand im Hinblick auf einen Instandsetzungsbedarf in Augenschein nehmen. Die Instandsetzungsmaßnahmen wollte er mit weiteren Krediten finanzieren. Deshalb wollte er die Wohnung begutachten, um sein Kreditvolumen bestimmen zu können. Auch die finanzierende Bank wollte sich über die Wertigkeit des Hauses als „Besicherungsobjekt“ vor der Finanzierungszusage Klarheit verschaffen. All diese Gründe legte der neue Vermieter dem Mieter auch dar. Mal musste sich der Mieter auf eine Onlineschulung vorbereiten, ein anderes Mal wegen einer behaupteten Coronaerkrankung in Quarantäne begeben.

Das AG München machte sprichwörtlich „kurzen Prozess“ (AG München, Urteil vom 26.8.2021 - 474 C 4123/21, Pressemitteilung Nr. 16 vom 29.4.2022). Die Kündigung „ging durch“; der Mieter wurde zur sofortigen Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Trotz Vorlage einer Bescheinigung über die anstehende Onlineschulung habe der Mieter nicht nachgewiesen, dass die Vorbereitung darauf so viel Zeit in Anspruch nehme, dass eine im Verhältnis kurzzeitige Besichtigung der Wohnung ausgeschlossen sei. Selbst wenn er nicht persönlich hätte zur Verfügung stehen können, hätte er durch Gewährspersonen die Wohnungsbesichtigung ermöglichen müssen. Die behauptete Coronaerkrankung mit Quarantänefolge hatte er nicht durch ein ärztliches Attest unterlegt.

Nachzutragen ist:
Um Besichtigungstermine wird in der Praxis viel gestritten, häufig „rein aus Prinzip“ oder schlicht, um den Vermieter zu gängeln, zu ärgern oder auch, um etwa geplante aber vom Mieter unerwünschte Baumaßnahmen schon in der Vorbereitung zu blockieren. Die Entscheidung zeigt, dass es dann bei einer Vielzahl angebotener und nicht zustande gekommener Besichtigungstermine effektiv sein kann, Erklärungen des Mieters dazu sehr eingehend logisch zu hinterfragen und auf Plausibilität zu prüfen.
Ob es dann gleich eine fristlose Kündigung sein muss, eine fristgemäße Kündigung mit vorgeschalteter Abmahnung, oder eine Kombination, sollte mit Bedacht entschieden werden. Zumindest außerhalb Münchens steigt das Prozessrisiko mit einer erklärten fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung sehr deutlich. Deshalb sollte mit einer vorherigen Abmahnung und bei einer dann weiter gezeigten „Blockadehaltung“ mit einer nachgeschalteten fristgemäßen Kündigung gearbeitet werden, wenn der zu bearbeitende Fall nicht wirklich außerordentlich schwere Kündigungsgründe liefert (zum anlassbezogenen Besichtigungsrecht bei Veräußerung: BGH, Urteil vom 26. 4. 2023 - VIII ZR 420/21, DWW 2023, 257).

© Dr. Hans Reinold Horst

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